Bhikkhuni Triệt Như
Gesang aus dem Himmel Nr. 43
Heute ist der zweite Weihnachtstag, der 26 Dezember. Man spürt aber nicht, dass das Fest bereits zu Ende geht, weil die Kinder noch Ferien haben und das Neujahrsfest steht kurz bevor. Es ist ja die Zeit des Familienfestes.
Das Wetter ist viel kälter als normal. Es wurden zirka 45° F in Riverside gemessen. Ich befinde mich im Sunyata Chan Nhu in Texas. Jetzt ist es 08:45 Uhr morgens. Obwohl man den Sonnenschein sieht, ist es immer noch 39° F kalt draußen.
Eine Zen-Schülerin hat mir eine Mail geschrieben, sie schrieb mir über den Druck ihres Lebens. Vorher hat sie mir schon ein paar Mal über den Stress in ihrem beruflichen Leben erzählt. Ich habe ihr nur geraten, nachzudenken, ob diese Kritik eventuell berechtigt sein könnte. Falls sie berechtigt ist, dann soll sie ihren Fehler korrigieren und sich bei den Kollegen für diese berechtigte Kritik bedanken. Sollte die Kritik jedoch nicht zutreffen dann soll sie die einfach ignorieren. Einfach so tun, als ob man blind und taub wäre. Aber heute schrieb sie, dass sie diesen Druck nicht mehr aushalten konnte. Sie ist am Ende ihrer Kraft und sie will alles aufgeben.
Geht es einem wirklich besser, wenn man woanders hingeht? Wir leben in einer Welt, wo es vielen weltlichen Geist gibt und wo es weltlichen Geist gibt, dort gibt Überlebenskämpfe. Man hat uns noch nicht schikaniert. Man lästert nur hinter unseren Rücken, schon haften wir an diese Lästerei an und wir leiden darunter. Warum lächeln wir nicht einfach zurück? Wird das Leben damit nicht leichter und einfacher sein? Als Führungskräfte müssen wir noch mehr Standhaftigkeit und Bescheidenheit als die anderen haben, zumal, wenn wir noch jung und erfolgreich sind. Weil diese Leute vielleicht doch nicht so erfolgreich wie wir und auch schon alt sind, daher sind sie eventuell neidisch auf uns.
Die Kunst der Führung besteht darin, bescheiden zu sein, sich selbst zu demütigen, um in Harmonie mit den anderen zu leben. Diese Warmherzigkeit muss bedingungslos sein. Wir müssen mit der Weisheit und mit dem Verständnis leben, dass alle gleichwertig sind. Das bedeutet, dass wir in der Lage sind, das Gelernte in unserem weltlichen Leben anwenden zu können. Praktizieren bedeutet nicht, vor dem Konflikt wegzulaufen; in ein Kloster einzugehen, um zur Ruhe zu kommen.
Am 24.12 kamen eine Schülerin und ihre Familie mit einem Obstkorb zu Sunyata Chan Nhu zu Besuch. In der Nacht hat sie mir über ihr stressiges Leben erzählt: dem vielseitigen Berufsleben, den ganzen Tag nur den Bildschirm anzustarren, dann die lange, lästige Besprechung in der Firma, so dass sie die Stimme des Arbeitskollegen noch im Ohr hörte, als sie zu Hause ankam. Sie hat minutenlang alleine im Auto in der Garage sitzen müssen, um einigermaße zur Ruhe zu kommen, bevor sie in ihr Haus eintrat. Trotzdem war ihr Körper so kaputt, ihr Geist war so müde, dass sie kein warmes Wort oder eine freundliche Geste für die einzige Tochter hatte, die im Teenageralter ist. Sie war ganze Zeit nach der Schule allein zu Hause und wartete auf die Rückkehr ihrer Mutter.
Als ich das gehört habe, war ich traurig. Ist das Leben draußen so schwer?
Diese Schülerinnen haben mehr oder weniger Erfahrung mit Buddhismus, sie wissen, wie man harmonisch mit der Umwelt lebt, sie setzen Ihre Fähigkeiten für die Welt ein und wollen friedlich leben. Warum können sie es nicht haben? Warum konkurrieren die Menschen andauernd? Warum sind die Menschen immer eifersüchtig?
Hat der Buddha nicht gelehrt, dass das Leben ein Meer von Leid ist und die Konflikte ein Naturgesetz sind?
Warum hat man Konflikte? Weil das „Ich, Ego“ existiert. Man besteht auf dem Titel, auf dem Material, auf der Berühmtheit, auf den Lebensgenüssen. Aus all dem entstehen die Gier, der Neid und die Verblendung. Daher hat der Buddha uns gelehrt, ohne „Ich, Ego“: ohne Gier, ohne Hass, ohne Verblendung zu leben, da alles vergänglich ist. Nur wenn es kein „Ich“; keine Unterscheidung mehr gäbe, würde man friedlich und in Harmonie mit einander leben.
Der Buddha hat auch gelehrt, dass Langmut (Khanti) eine Übungstechnik gegen die Konflikte ist. Wenn wir mit Weisheit den Konflikten ausweichen oder nachgeben würden, würden wir unsere Gefühle nicht unterdrücken müssen und wir würden nicht verletzen. Geduld ist die Stärke eines Praktizierenden. Wut und Ärger sind die Stärke eines nicht Praktizierenden.
Buddha lehrte, dass wir andere nicht verändern können, geschweige denn das Leben verändern können. Denn das Leben ist von der Vergangenheit bis zur Gegenwart ein Meer von Leid und es wird in der Zukunft weiter so bleiben, solange die Menschen nicht erwacht sind und sie wissen nicht, wer sie sind und warum sie in dieses Leben gekommen sind?
Wir können nur uns selbst transformieren. Wie? Unser Geist muss so groß wie der Ozean sein und der Ozean liegt am tiefsten Punkt der Erde. So lernen wir bescheiden zu leben.
Der Ozean nimmt alle Flüsse in sich auf, ohne zu fragen, ob sie groß oder klein sind, ob sie klares oder trübes Wasser haben. So lernen wir, tolerant zu leben: akzeptieren alle Umstände im Leben so, wie sie sind.
Der Ozean verwandelt den Geschmack aller verschiedenen Gewässer in einen einzigen Geschmack: salzig. So lernen wir, ungünstige Bedingungen in akzeptable Bedingungen umzuwandeln. Das ist der Fortschritt, den wir machen sollen.
Der Ozean wirft andauernd Müll und Kadaver aus dem Wasser ans Ufer, so werfen wir den Kummer und die Anhaftungen aus unseren Gedanken heraus. Wir lernen, was wir loslassen und was wir festhalten sollen. Das bedeutet, immer in Achtsamkeit und in Wachsamkeit zu leben.
Jedoch verfügt der Ozean über keine Weisheit. Wenn er wütend ist, erzeugt er Hurrikans, Erdbeben oder Tsunamis. Er schadet sich selbst und den anderen. Wir können aber die Weisheit haben.
Wenn der Geist ruhig ist, ist das Leben ruhig. Wir sollen uns mehr Gedanken über diesen Satz machen.
Sunyata Zentrum, den 26.12.2023
TN
Link zum Vietnamesischen Artikel: https://tanhkhong.org/p105a3976/triet-nhu-tieng-hat-giua-troi-bai-43-phut-chanh-long-cuoi-nam